Geschichte

Alte Fasnet – Junge Zunft

Ein Blick auf die Empfinger Fasnet ist auch ein Blick in die vergangenen Jahrhunderte. Hier gibt es alte Gestalten und Bräuche in Vielzahl, die hauptsächlich der bäuerlichen Fasnet entstammen. Vor allem gilt Empfingen dabei als Paradies der  Strohbären, die es in verschiedenen Varianten gibt. Ebenso der noch ausgeführten freien Bräuche.

Die Narrenzunft übernimmt zwar eine führende Rolle in der Empfinger Fasnet, ist aber trotzdem nur ein Teil derselben. Die Kameradschaften und Vereine pflegten von jeher Fasnetsbräuche und Traditionen unterschiedlichster Prägung, welche auch die Moden und Normierungen des letzten Jahrhunderts überlebten. Daher ist es erklärbar, warum in unserer örtlichen Fasnet mehr als zehn historische Fasnetsfiguren erhalten geblieben sind.

Das bunte Fasnetstreiben reicht bis in das Jahr 1784 zurück. Diese urkundliche Erwähnung in Form eines Gerichtsprotokolles berichtet nicht etwa über eine Abgabe von „Fasnetsküchle“ oder „Fasnetshenne“ (was wir für kein Zeichen des Vorhandenseins von Fasnetsbräuchen halten), sondern hier traten maskierte Personen in Erscheinung. Das ausführliche Gerichtsprotokoll ist in unserem Fastnachtsbuch „Oh Latschaboo,oh Schaluschee“ veröffentlicht.

Dadurch, dass bis zum heutigen Tage freie Fasnetsbräuche existieren, die nicht der Organisation der Narrenzunft unterliegen, kann man noch von einer lebendigen „Fleckenfasnet“ sprechen. Hierauf sind wir auch etwas stolz.

In Anlehnung an die Fasnets- und Karnevalsorganisation außerhalb Empfingens entstand vor 60 Jahren die Idee, auch hier eine Narrenzunft zu gründen, deren Aufgabe unter anderem die Organisation und Durchführung des jährlichen Fasnetsumzuges in Empfingen sein sollte. Zuvor hatte diese Aufgabe ein „Commité“ ausgeführt, das sich alljährlich von Neuem aus fasnetsfreudigen Empfingern zusammensetzte.Zur endgültigen Eintragung der Narrenzunft ins Vereinsregister kam es schließlich im Jahre 1951. Natürlich war und ist der jährliche Umzug nicht die einzige Aufgabe der Narrenzunft gewesen. Eines der übergeordneten Ziele war stets die Erhaltung der Empfinger Flecken- und Straßenfasnet.

Die Narrenzunft legt dabei großen Wert auf die Bewahrung von Traditionen und Bräuchen, was bis zum heutigen Tage deutlich erkennbar blieb.

Die Zunftmeister 
der Narrenzunft Empfingen von 1951 bis heute:

1951–1970 Reinhard Brändle
1970–1975 Otto Beuter

1975–1980 Konstantin Hauser

1980–1997 Albert Bossenmaier

1997–2004 Jörg Killinger

2004–2005 Frank Kiefer

2005–2020  Thomas Joachim

2020–heute Fabian Walter, Patrick Kolb, Timo Gfrörer und Dennis Drewing

Figuren

 

Holzmasken

Die Holzmasken in der Empfinger Fasnet

Eine Verbreitung der Holzmaske geschah ab 1920 im Ort. Einige Bauhandwerker brachten Holzlarven aus Narrenorten, wie Villingen und Oberndorf mit, die noch teilweise erhalten sind. Im Winter wurden dann eigene Larven durch Handwerker selbst geschnitzt und teilweise vom einheimischen „Kirchen- und Decorationsmaler“ Hubert Walter gefaßt. Davon sind bis heute eine beträchtliche Anzahl bei Privatleuten erhalten. Ebenso noch alte, einfach geschnitzte Flachbrettlarven. Alle Vermummten, die eine Holzlarve trugen, galten in der örtlichen Fasnet als Schantle.

Interessanterweise auch eine noch erhaltene, in den 1920er Jahren aus Villingen mitgebrachte Pappmachée-Hexenlarve. Sie bekam einen Blätzlesanzug mit Geschell und lief an der Fasnet mit anderen Schantle. Grund deshalb, weil zu dieser Zeit die „richtige“ Fasnetshexe in Empfingen mit herkömmlichem „Gardinenstoff-Vorhängle“ als Maskierung, als Narrenfigur im Ort schon ein gewohntes Bild war.

Von zwei der Schnitzer sind eine größere Anzahl von Masken erhalten. Einer davon, Schreiner Josef Gaus verkaufte seine Masken auch in benachbarte Orte, wie Horb-Betra, Horb-Nordstetten und Horb-Dettensee. Die heutigen Masken der Traditionsfiguren Schantle, Hexe und Osterbachmännle tragen die künstlerische Handschrift des verstorbenen Bildhauers Georg Bergmann aus Horb-Mühringen, der diese in den 1950er Jahren für die Zunft zu schnitzen begann.

Das Schantle

In Empfingen steckt es, anders als die Vettern in Rottweil und Oberndorf, in einem Weißnarrenkleid mit Geschell. Auch heißt es in Empfingen „das Schantle“ und nicht „der Schantle“. Traditionell zeigt sich das Schantle mit dem verschmitzten Gesichtsausdruck mit der Brezelstange, einer Streckschere oder einer Rätsche. Das Häs besteht aus weißen Leinenanzügen mit bunten Motiven: Spielende Kinder, Blumenverzierungen, Narrenmützen, Hexe und Osterbachmännle an den Beinen, Empfinger Ortswappen als Bordüre und an der Rückseite des Maskentuches.

Das Oberschantle

Das Oberschantle führt die Schar der Schantle an. Es ist aber auch in der Gruppe der Alten Fasnet zu finden. Als Häs tragt es ein Fleckenhäs wie es in vielen Orten in den Anfängen der Fasnet üblich war.

Die Maske zeigt einen freundlich blickenden und verschmitzten Gesellen mit heraushängender Zunge. Mit dem über Kreuz getragenen Schellenpaar und der Streckschere wird das Oberschantle komplett.

Das Osterbachmännle

Aus der alten Figur des Bäuerle entstand nach dem Krieg das Osterbachmännle, um die noch vorhandenen Kleidungsstücke aus der männlichen Ortstracht zu retten. Das Häs besteht aus einer blauen oder roten Pumphose mit Ringelsocken, schwarze taillierte Bluse und schwarzem Filzhut.

Eine unserer schönsten Masken zeigt eine zwergenhafte Gestalt mit Knollennase und Vollbart aus der Sagenwelt mit freundlichem Gesichtsausdruck. Das rosafarbene Maskentuch wird wie ein Schal gebunden. Besonderes Markenzeichen ist der hinkende Gang am Laufstock.

Original Empfinger Hexe (Saiwald-Hexa)

Die größte Gruppe der Narrenzunft Empfingen ist ist die typische schwäbisch-alemannische Fasnetsfigur die „Hexe“. Sie gehört in Empfingen seit 1953/54 zum Fasnetsgeschehen und ist das Ergebnis der Umgestaltung der alten, seit 1894 nachgewiesenen Ofengabelhexe, deren Trachtenkleidung und Radhaube aus dem Verkehr gezogen wurde. Kennzeichen der mittlerweile „Saiwald-Hexen“ getauften „Hexe“ ist der rundgebundene Reißigbesen mit der traditionell roten Masche. Ihr Häs besteht aus einer Schwarzen Jacke, schwarzem Rock mit Schürze, Ringelsocken und einer langen weißen Unterhose mit Rüschen. Die Maske zeigt eine schaurig dreinblickende Gestalt mit geschnitzten Haaren.

Die alte Hex

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Der Schellenmann

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Stoffvermummung

Die Stoffvermummung ist eine einfache Maskierung, die früher in der bäuerlichen Fasnet, nicht nur in Empfingen, eine Rolle spielte. Die Empfinger Fastnachtshexen waren bis in die 1930er Jahre, als Pappmachée- und Holzmasken in Gebrauch kamen mit Gardinenstoffen vermummt.

Im Volksmund schlicht als „Vorhängle“ bezeichnet. Schon beim Prozess 1784, bei dem es um eine Schlägerei wegen unbekannten „Masquen mit abscheulichen Visieren“ ging, gab der Empfinger Schultheiß Auskunft darüber, „daß in Empfingen Masquen zu gehen wohl üblich seye, man pflege sich aber mit Halstücher oder Flor zu vermummen“. Flor bedeutet laut Handbuch der Fremdwörter (Verlag Tauchnitz/1869), ein leichtes und feines Gewebe von Seide. Die Stoffvermummung gehört bis heute zu den fünf folgenden einheimischen Fasnetsfiguren.

Die Rußhexe

Die Rußhexe, eine urige Gestalt der freien Empfinger Fleckenfasnet, ist weit gefürchtet. Der Brauch ist reine Männerdomäne. Das Häs dieser Hexe besteht aus alten schwarzen Röcken über der Schulter und an der Hüfte. Das Gesicht ist mit Gardinenstoff vermummt. Auf dem Kopf trägt sie die so genannte Gatterhaube. Diese waren einstmals abgelegte Radhauben der Frauentracht. Später wurden diese Hauben von den Hexen selbst nachgemacht.

Punkt 12.00 Uhr ziehen sie am Rußigen Donnerstag (für Nicht-Empfinger Schmotziger Donnerstag) in vielen freien Gruppen durch den Ort. Dabei wird das Gesicht der Passanten mit Ofenruß geschwärzt. Derartige Bräuche waren früher weit verbreitet. Berühmt sind hierfür noch die Fasnachten im Lötschental im Kanton Wallis. Bei einem Umzug selbst wird nicht gerußt.

Das Bützle

Zwischen Dreikönig und der eigentlichen Fasnet treiben die Bützle durchs Dorf, ein Recht der Kinder. Sie stecken in alten Frauenkleidern und waren früher mit Gardinenmasken vermummt. Mittlerweile werden alle Arten von Gesichtsvermummungen gesehen. Leider ist dieser Brauch rückläufig und das Bützle wird nur noch selten angetroffen.

Der Bajass und Domino

Völlig andere Akzente werden bei dem springenden „Domino/Bajass“ gesetzt. Mit seinem farbenfrohen, ja sogar leuchtenden Kostüm strahlt er förmlich pure Fröhlichkeit aus. An seinem Karo-Anzug ist eine Anlehnung an die Commedia dell’Arte nicht zu verkennen. Der Bajass steckt in einem Pluderanzug, der Domino in einem langen Umhang mit Kapuze. Beide tragen Stoffhalbmasken. Früher weiter verbreitet, sind diese Figuren selten geworden.

Das Bäuerle und das Butzen-Weible

Hierbei handelt es sich um das männliche Gegenstück zur „Alten Hexe“ und Vorgänger des Osterbachmännle. Das Bäuerle wurde ebenso wie die Alte Hexe zur Bewahrung der örtlichen Dorftracht in das Osterbachmännle umgestaltet. Innerhalb der Gruppe „Alte Fasnet“ wird es wiederbelebt. Es trägt die alte männliche Dorftracht und hat einen hinkenden Gang.

Das Butzen-Weible ist aus dem Bützle entstanden. Ebenso wie bei dem Bützle werden alte Frauenkleider/Trachtenteile getragen. Die Gesichtsvermummung besteht aus Gardinenstoff. Um die wertvollen Trachtenteile zu bewahren, wurden auch hier der Frauentracht ähnliche Kleidungsstücke gefertigt.

Strohfiguren

Die heutige schwäbisch-alemannische Fasnet kennt die Strohfiguren nur noch in wenigen Orten. Früher jedoch waren, zumindest die Stroh- und Erbsenbären, eine weit verbreitete Erscheinung innerhalb der bäuerlichen Fasnet auf den Dörfern. Noch seltener als die Strohbären sind die Ausgestopften zu finden, die man neben Empfingen nur noch in Villingen und Gengenbach antreffen kann. Den Erhalt der Empfinger Strohbären und Ausgestopften verdanken wir den örtlichen Kameradschaften, die auch nach Gründung der Narrenzunft (1951) diese Bräuche in der freien unorganiserten Fleckenfasnet weiterbetrieben.

Auch die Empfinger Strohbären waren einst Mitglieder sogenannter Bettelgruppen, die am Fastnachtsmontag und -dienstag den Heischebrauch im Ort ausführten. Weitere Mitglieder dieser Gruppen waren mit Gardinenflor und Stoffstücken vermummt. Seit 1974 nun, sind die Bären als freie Gruppe ein beständiger Teil des Umzuges am Fastnachtssonntag. Die Treiber ließen früher den Bären zu einem Stampflied auftanzen, das mit “ Oh Latschaboo, oh Schaluschee“ begann und dessen weiterer Text leider nicht mehr überliefert ist. Bekannt ist, daß es noch von der Kameradschaft des Jahrganges 1895, an der Fasnet ausgeführt wurde.

Eine Anzahl alter Fotografien, Zeichnungen und Aufschriebe aus dem Zeitraum von 1927 bis 1972, dokumentieren den stets lebendigen Brauch des Strohbärentreibens in der freien Empfinger Fleckenfasnet. 

Der Erbsenbär

Die Erbsenbären werden bis über dem Kopf in Erbsenstroh eingebunden. Sie tragen keine eigentliche Maske, sehen aber nur durch eine kleine Öffnung, so dass das Stroh selbst schon zur Maske wird.

Der Langhalm-Strohbär

Daneben kennt man auch den Langhalm-Strohbären, der ganz in Roggen- oder Weizenstroh eingebunden wird. 

Der Reisigbär

Der Reisigbär entstand als Abwandlung 1980 infolge einer Strohknappheit. Dieser wird vollständig in Tannenreisig eingebunden und bereichert als eigenständige Gruppe die Empfinger Fasnet.

Der Ausgestopfte

Eine weitere Strohfigur aus der bäuerlichen Fasnet, der man in Empfingen begegnet, ist der Ausgestopfte. Ähnlich den Villinger Wuesten, oder den Empaillés aus Evolène im schweizerischen Kanton Wallis stecken sie in mit Heu oder Stroh ausgestopften weiten Anzügen. Auf dem Kopf werden alte Helme, Kopftücher, Krättle oder Hüte getragen. Wer noch mehr Wert auf Echtheit legt, vermummt sich mit einer alten Gardine und trägt auf dem Rücken einen alten Maurerrucksack mit allerlei Gerümpel von Mausefalle und Eisenpfanne bis zur Stalllaterne.

Da sich so derb umtreiben lässt, haben sie sich auch den Namen „Sauigel“ verdient. So treiben sie sich noch am Fastnachtsmontag als freie Gruppen mit ausrangierten Chaisen (Kinderwagen) , Kinderfahrrädle im Ort herum, erschrecken Passanten mit der Sau-Bloter (aufgeblasene Schweinsblase), klettern in Fenster, beehren Gaststätten oder liegen einfach faul auf der Straße. 

Ohne Maske

Der Kneller

Basierend auf der alten Empfinger Fuhrmannstradition wurde aus dem eigentlichen „Butz“ die Häsfigur „Kneller“ geschaffen.

Eine erstmalige Erwähnung kann von Chronisten bereits auf das Jahr 1813 datiert werden. Am Fasnetssonntag ist der Tag der Kneller oder Butzen. Wie einige alte Narren im Hohenzollerischen stecken sie in langen dunklen Frauenröcken. Sie tragen einen geschwungenen Butzenhut. Über den Rock hängt ein langes weißes Hemd.

Im Gänsemarsch ziehen sie am Umzug mit und „knellen“ mit ihren Peitschen. Sie sind unmaskiert.

Der Polizeischantle

Ihn gibt es in zwei Arten, einmal mit einem alten überdimensionalen Pappmaché-Kopf, wie er früher in vielen Orten üblich war und mit einer alten Pickelhaube.

Er trägt eine alte Uniform, hat einen Säbel dabei und eine Schelle. Mit dieser Schelle fürt er den Umzug an. Er stellt die närrische Autoriät in Person dar.

Der Elferrat

Der traditionelle „Elferrat“, in Erinnerung an die hohenzollerische Zugehörigkeit in einer schwarz-weißen Landsknechtsuniform gekleidet, zählt freilich nicht zu den historischen Häsfiguren, wohl jedoch zur historischen Fasnet Empfingens.

Das Empfinger Hofballett

Die jüngste Gruppe der Empfinger Narrenzunft wurde im Jahre 1971 gegründet.

Das Empfinger Hofballett sorgt seitdem für Stimmung und Unterhaltung an der Empfinger Fasnet. Mit mitreißenden und stimmungsgeladenen Tänzen sorgen sie immer wieder für den richtigen Schwung bei den Empfinger Fasnetsveranstaltungen.

Geschichte der Empfinger Fasnet als Buch

Oh Latschaboo – oh Schaluschée

Dies ist die Anfangszeile eines uralten Empfinger Strohbärenliedes, welches diesem Buch als Titel dient.

Dieses ca. 160 Seiten starke Buch spiegelt in beispielhafter Weise die Geschichte der Empfinger Fasnet wieder.

Der Verkaufspreis liegt bei 10,50 EUR + 2,50 EUR Versand.

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